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Wissenschaftliche Bewertung der Sarrazin-Thesen

In einem (leider nicht online verfügbaren) Artikel des Kölner Stadt-Anzeiger (Ausgabe vom 6. Januar 2010) hat Thomas Schmid eine Studie vorgestellt, die im Rahmen des Forschungsprojektes „Hybride europäisch-muslimische Identitätsmodelle“ (Heymat) an der Berliner Humboldt-Universität entstanden ist. Darin wird ein Teil der Zahlen widerlegt, die Thilo Sarrazin in seinem Bestseller „Deutschland schafft sich ab“ verbreitet und für „unbestritten“ erklärt hat. Im Gegensatz zu den populistischen Deutungen des ehemaligen Bank-Vorstandes lassen aktuelle Zahlen zum Beispiel des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erkennen, dass sich das Bildungsniveau von Migranten in der zweiten Generation durchaus gebessert hat, vor allem bei weiblichen Muslimen. Die tatsächlich geringeren Chancen türkischstämmiger Kinder könnten auf den unterschiedlichen sozio-ökonomischen Status und nicht auf ihre Herkunft zurückgeführt werden. Auch nehme die Zahl der Kopftuchträgerinnen ab und gebe es immer häufiger Mischehen zwischen türkischen Einwanderern der zweiten Generation und der deutschen Bevölkerung. Interessant liest sich auch die Darstellung des Berliner Polizeipräsidiums zur These Sarrazins „20 Prozent aller Gewalttaten [würden] von nur 1000 türkischen und arabischen Jugendlichen begangen“, die diese Zahl deutlich relativiert. Außerdem erfolgt eine Erklärung für den Erfolg von Sarrazins Buch. „Immer mehr konservative Besserverdienende scheinen sich vom Ideal einer integrierten Gesellschaft zu verabschieden. Statt die gelebte Pluralität in Deutschland zu akzeptieren, sehnt man sich nach ethnischer Homogenität, die in Zeiten der Krise Sicherheit und Stabilität zu bieten verspricht“ (Schmid). Im Zuge dieser „rohen Bürgerlichkeit“ würden unter dem Stichwort Integration Ängste, Ressentiments und rassistische Abwehrreaktionen verhandelt“ (Heymat-Studie) und Integrationserfolge systematisch verschwiegen.


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